Nach Doping-Sünde: Zweite Chance mit zwei Rädern

Ein „Radkrone“-Interview mit Ex-Radprofi Hannes Hempel über Doping, seine lebenslange Sperre und sein großes Comeback als Rad-Unternehmer.
Ausnahmetalent, Bergspezialist mit eiserner Disziplin – und am Höhepunkt seiner Karriere auch ein Dopingsünder.
Der Kärntner Hannes Hempel, einst Radprofi im Team Gerolsteiner, Zweiter der Österreich-Rundfahrt und Dritter beim Ironman, wurde im Jahr 2009 wegen der Weitergabe von CERA – einem damals neuartigen EPO-Präparat – lebenslang gesperrt.
Ein Urteil, das nur mit jenem des US-Amerikaner Lance Armstrong vergleichbar war. Jetzt, 16 Jahre später, wurde die Sperre offiziell aufgehoben. Aber Hempel will keine Rennen mehr fahren – aber dennoch dem Radsport treu bleiben.
Hannes eröffnete Mitte Juli sein neues Fahrrad-Fachgeschäft „Gran Tourismo Bike“ in Klagenfurt und die „Radkrone“ fuhr mit dem 51-jährigen Ex-Profi rund um den Wörthersee und plauderte dabei über Schuld, Wandel und Neuanfang.
Bergkrone: Hannes, 2025 – und plötzlich ist wieder alles erlaubt. Wie fühlt sichs an?
Hannes Hempel: Es ist seltsam. Einerseits Erleichterung, weil das Kapitel abgeschlossen ist. Andererseits bleibt ein Leben mit Dopingvergangenheit immer ein beschädigtes. Aber ich war nie weg vom Radsport – nur nicht sichtbar.
Du warst einst Zweiter der Österreich-Rundfahrt – nur fünf Sekunden hinter Georg Totschnig. Was war das für ein Gefühl?
Damals mein größter Erfolg. Ich war stark, ein Bergspezialist. Aber irgendwann hab ich gemerkt: Die Sprinter fahren mir plötzlich am Berg davon. Da hab ich realisiert – irgendwas stimmt nicht.
Und dann kam EPO ins Spiel?
Genau. Ich hab gut trainiert, war in Form – aber plötzlich war ich chancenlos. Dann hieß es aus dem Umfeld: „Die fahren alle mit EPO.“ Für mich gab’s nur zwei Wege: aufhören oder mitspielen. Und ich hatte meine ganze Jugend in diesen Sport gesteckt. Also: Ich hab mitgespielt – ohne Angst vor Konsequenzen. Die Gesundheit war mir egal. Ich wollte nicht verlieren.
Du wurdest wegen CERA gesperrt – einer der ersten überhaupt.
Stimmt. CERA war damals das neue Supermittel. Ich hab’s sogar weitergegeben – und genau das wurde mir zum Verhängnis. Ein Rennrad-Kollege, den ich drei oder vier Spritzen gegeben habe, hat meinen Namen genannt. Dann kam alles ins Rollen. 2009 war Schluss.
Lebenslange Sperre. Härter ging es nicht.
Ich war das Exempel. Ich wurde gleich hart gestraft wie Lance Armstrong. Es war eine Katastrophe – menschlich, sportlich, beruflich. Alles weg.
Jetzt bist du wieder zurück – nicht am Start, aber im Geschäft.
Ja, ich mache das, was ich liebe – nur anders. Ich habe im Juli in Klagenfurt mein Fachgeschäft Gran Turismo Bike Klagenfurt eröffnet, spezialisiert auf Renn- und Gravelbikes. Gerade jetzt, wo der Fahrradhandel kämpft, will ich ein Leuchtturm sein. Ich glaube an den Radboom – der kommt wieder. Und ich hab in den letzten Jahren gezeigt, dass ich mehr kann als nur fahren.
Du sprichst Deine Rolle bei der österreichischen E-Bike-Marke Bärenbikes an?
Genau. Ich war der kreative Kopf hinter Bärenbikes – eine E-Bike-Marke, die ich mit aufgebaut habe. Vom ersten Prototypen bis zur Markenstrategie. Das war mein Wiedereinstieg in die Bike-Welt – hinter den Kulissen. Wir wollten ein robustes, ehrliches E-Bike für echte Abenteurer bauen – kein Lifestyle-Spielzeug. Heute fährt halb Kärnten Bärenbike – und das macht mich stolz.
Wie unterscheidet sich Gran Tourismo Bike davon?
Gran Tourismo Bike ist meine persönliche Handschrift. Rennräder, Gravel, Abenteuer. Und ganz viel Community. Ich will Fahrtechnik weitergeben, gemeinsame Ausfahrten organisieren – damit Anfänger lernen, wie man richtig schaltet, tritt, Kurven fährt. Alles, was ich mir als junger Athlet oft selbst beibringen musste.
Klingt, als wäre da noch viel Herzblut dabei.
Absolut. Ich hab mit 14 begonnen, wurde Profi im Team Gerolsteiner, war Spitzensportler und ich bin durch die Hölle gegangen – aber ich bin Radfahrer geblieben. Heute seh ich junge Leute aufsatteln – und so viele Frauen wie nie zuvor. Der Sport lebt, und ich will weiterhin ein Teil davon sein.
Wird man Dich bei Rennen wiedersehen?
Nein. Keine Lizenzrennen mehr. Ich bin inzwischen zu alt dafür. Vielleicht fahr ich mal bei der Fuga 300 mit oder lauf beim Glockner Mountain Run – aber ohne Ambitionen. Nur aus Liebe zum Sport.
Und was würden Sie Ihrem früheren Ich heute sagen?
Fahr deinen Weg – aber bleib dir treu. Ich hab meine Strafe abgesessen. Jetzt will ich was zurückgeben.
Danke fürs Gespräch.