Das Bike Festival Riva del Garda ist eines der bedeutendsten Mountainbike-Events Europas. Seit mehr als drei Jahrzehnten zieht es Radbegeisterte an den italienischen Gardasee und gilt längst als Gradmesser für die Radtrends von morgen. Dieses Jahr rückte ein Thema besonders in den Fokus: die Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) beim Radfahren.

Die Vision der Branche ist dabei klar: Die KI macht das Fahrrad smart und den Fahrer besser. Schon heute setzen Profiradsportler auf KI-gestützte Trainingssoftware, die individuelle Stärken, Schwächen und Fortschritte analysiert und so persönlich auf die Tagesverfassung zugeschnittene Trainingspläne erstellt. Doch das soll erst der Anfang sein: Algorithmen lernen aus dem Fahrverhalten, schlagen gezielte Erholungsphasen vor und passen Intensität und Streckenempfehlungen automatisch an.

Besonders im E-Bike-Sektor wächst das Potenzial der Künstlichen Intelligenz rasant: Mit adaptiver Motorunterstützung erkennt das System Steigungen, Gegenwind oder die Trittfrequenz und regelt die Motorleistung in Echtzeit – ohne dass der Fahrer eingreifen muss.

Revolution auf zwei Rädern: Allrad-Antrieb ohne Kette

Auf dem Festival wurden auch mehrere Prototypen gezeigt. Ein echter Hingucker war ein Mountainbike mit radikal neuem Antriebskonzept. Zwei Nabenmotoren im Vorder- und Hinterrad verbaut sorgen beim Mountainbike für einen Allrad-Antrieb. Das Mountainbike des französischen Fahrrad- und Motorrad-Herstellers HeritageBike kommt dabei ganz ohne klassische Fahrradkette aus. Stattdessen steuert eine zentrale Steuereinheit die Antriebskraft an beiden Rädern digital – abgestimmt auf Gelände, Haftung und Fahrstil.

Dank KI soll so ein feinfühliges Zusammenspiel zwischen Traktion und Fahrdynamik entstehen. Ausprobieren konnte die „Radkrone“ das Allrad-E-Bike jedoch nicht. Doch laut Experten soll der Antrieb besonders im anspruchsvollen Gelände oder bei Nässe für mehr Sicherheit und Kontrolle sorgt. Adieu Kette, Ritzel und Schaltwerk.

Inklusive Mobilität: Neue Perspektiven durch intelligente Steuerung

Neben Leistung und Technik rücken auch gesellschaftliche Aspekte zunehmend in den Mittelpunkt. KI-unterstützte E-Bikes eröffnen neue Chancen für Menschen mit körperlichen Einschränkungen - etwa durch gezielte Kompensation fehlender Muskelkraft. „Ein intelligenter Antrieb kann die Bewegungen eines Beins vollständig simulieren – und damit Menschen mit einseitiger Beinamputation oder nach Verletzungen das Radfahren wieder ermöglichen“, so der ehemalige Amazon-Manager und KI-Spezialist Claudius Zick beim „Future Summit“, der erstmals im Rahmen des Bike Festivals Riva del Garda stattfand und bei dem Branchenexperten über die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf die Fahrradwelt diskutierten.

Das Fahrrad wird Teil eines größeren Netzwerks

Auch das vernetzte Fahrrad ist längst keine Science-Fiction mehr. Zahlreiche Hersteller und Entwickler tüfteln an Lösungen, die Fahrräder mit anderen Verkehrsteilnehmern, Navigationssystemen und Sensorik in der Umgebung kommunizieren lässt. Ziel ist es, dass das Fahrrad den Lenker unterstützt, gefährliche Situationen frühzeitig zu erkennen – etwa bei abbiegenden Autos oder unübersichtlichen Kreuzungen – und im Ernstfall warnend oder korrigierend eingreift.

Darüber hinaus könnten smarte Bikes bald automatisch Daten an Werkstätten oder Apps senden, um Servicebedarfe frühzeitig zu erkennen und Wartung zu planen – ganz ähnlich wie es bei modernen Autos bereits Alltag ist.

Das Bike Festival in Riva del Garda zeigte jedenfalls eindrucksvoll: Die Künstliche Intelligenz macht vor dem Fahrrad nicht halt und wird das Radfahren in den kommenden Jahren sicherer, effizienter und inklusiver machen. Was früher reine Muskelkraft war, wird künftig ein Zusammenspiel aus Mensch, Maschine und Algorithmus. Und das ist mehr als ein Trend – es ist der Beginn einer neuen Ära des Radfahrens.